Bild: Zwei der drei angesprochenen Kinder.

Wir haben uns ja nie darüber unterhalten, ob denn bei einer von uns beiden ein Kinderwunsch besteht. Anders als viele Firmen, war das bei uns kein relevantes Thema, auf dem auch nur eine einzige Entscheidung basierte. Ich denke, wir waren uns still darüber einig: Wenn Kinder kommen, machen wir einen Plan. Davor nicht. Ende. Langwierige Gespräche über ob und wann und was und wie kamen uns nicht in den Sinn. Wie hätte das auch aussehen sollen? Ein Google Doc, in dem wir beide unsere Zyklen und geplanten Eisprügen eintragen? Eher nein.

Ultraschallbilder, Karenzvertretungen und Arbeitspensum

So hielt mir Michaela im Juli 2018 ein Ultraschallbild hin und ich sagte: „Deins?“ und sie nickte. Ja und dann machten wir einen Plan. Wir gingen alle aktuellen Projekte durch und entschieden darüber, ob wir diese mit einer Person weiter betreuen können. Wir sprachen auch über eine Karenzvertretung, entschieden uns aber aus Kostengründen und aufgrund hohem Organisationsaufwand dagegen. Der Plan sah also vor, unser aktuelles Arbeitspensum so zu dezimieren und anzupassen, dass es von einer Person (mir) erledigt werden konnte. Sobald Michaela nach ihrer Karenz wieder zurück war, wollten wir uns dann wieder um neue Projekte kümmern und das Arbeitsvolumen so steigern, dass die Einkünfte für zwei Personen passen. Natürlich wollten wir keine lieb gewonnen Kund:innen oder langjährige Aufträge kündigen, sondern nur genau so viel, dass es bewältigbar bleibt. Michaela wollte gerne 6 Monate in Karenz gehen und ich stellte mich darauf ein, dass es eine sehr intensive Zeit werden würde. Meinen Urlaub habe ich auf nach ihre Rückkehr verschoben und mir Gedanken über Personen gemacht, die aushelfen können, wenn ich krank werde oder sonst wie ausfalle. Den Kund:innen haben wir alles transparent kommuniziert und ihre lückenlose Betreuung zugesichert.

Um Kosten zu sparen, haben wir unser Büro gekündigt. Ohne Michaela brauchte ich ohnehin keins ;) Ich arbeitete also in dieser Zeit ausschließlich von zu Hause aus.

Schaffst du das?!

Ich gebe zu, dass ich so einige schlaflose Nächte verbrachte mit der Frage „Schaffst du das?!“, die in meinem Kopf rotierte. Aber mir war es auch wichtig, dass MOKS eine Karenz und damit den Wegfall von 50% der Arbeitskraft übersteht. Ein Kinderwunsch sollte für uns nie der Grund sein, unsere Firma aufzugeben.

Ende des Jahres 2018, also kurz bevor sich Michaela in den Mutterschutz verabschiedete, war ich sehr guter Dinge. Wir hatten alle Projekte sortiert und detaillierte Übergaben gemacht, die Kund:innen informiert, alles lief wunderbar und ich war sicher, dass die 6 Monate ohne große Probleme rumgehen würden. Dann kam eine, eigentlich sehr erfreuliche, Mail. Einer unserer größten Kunden wollte das Auftragsvolumen für 2019 gerne verdoppeln. VER-DO-PPELN. Ungelogen, da setzte bei mir etwas die Panik ein. Aber ich und alle anderen redeten mir gut zu und dann gings schon wieder. Bis noch eine, eigentlich sehr erfreuliche, Mail kam … Ein weiterer Kunde wollte sein Auftragsvolumen für 2019 erweitern. OK COOL. Tief durchatmen. Uschi du kannst das. Du kannst dir jederzeit Unterstützung holen. Das klappt schon. Ich rechnete mir still und heimlich meine zukünftigen Wochenarbeitsstunden aus und öffnete eine Dose Bier. Das Feierabendbier war in den kommenden 6 Monaten ein willkommener Gast.

Arbeit in der Karenz

Michaela und ich standen regelmäßig in Kontakt, was mir sehr half. Die Idee war auch, dass sie vielleicht, wenn der kleine Mitbewohner auf der Welt ist und sie sich danach fühlt, nach 3 oder 4 Monaten wieder in den Arbeitsloop kommt und wir wieder langsam beginnen, Projekte gemeinsam durchzudenken. Wir haben recht schnell gemerkt, dass das nicht geht. Sich auf das neue Leben mit einem Babyzwerg einzustellen, braucht seine Zeit und daneben hat man wenig Kopf für irgendwelche Arbeitsangelegenheiten. Zudem war es für mich ehrlich gesagt auch mehr Arbeit, Michaela in das einzuweihen, was in den vergangenen 4 Monaten bei einem Kunden passiert ist, als es einfach schnell selbst durchzudenken. Das ist ok. Michaela hatte anvisiert, Ende September 2019 wieder zurückzukommen. Mit einem Modus und einem Arbeitspensum, das für sie passt.

Noch mehr neue Mitbewohner

Es waren lange Tage. Intensive Wochen. Arbeitsreiche Monate. Der anschließende Urlaub ganz dringend benötigt und stark herbeigesehnt. Montag-Donnerstag standen Kund:innenarbeit am Programm, Freitags Unterricht an der FH von 08:30 – 17:30. Danach Bier. Das Bier ließ ich ab April 2019 aber weg, denn es kündigte sich auch hier ein kleiner, neuer Mitbewohner an.

Wir taten wie bisher. Machten einen Plan und ließen den Rest auf uns zukommen. Sechs Wochen lang arbeiteten wir gemeinsam und wickelten die Übergabe in die andere Richtung ab. Anschließend verabschiedete ich mich in den Mutterschutz. Die Kund:innen hielten wir natürlich transparent auf dem Laufenden und stellten die Betreuung sicher.

5 Jahre – 3 Kinder – ein Resumée

Fast forward Oktober 2021: Michaela befindet sich, erraten, gerade im Mutterschutz mit Baby #2. Bald brauchen wir einen Betriebskindergarten und ich glaube, wir können mit gutem Gewissen das Resumée dieses Beitrags ziehen:

  • Wir haben keinen einzigen Betreuungsauftrag während einer Karenz oder aufgrund einer Karenz verloren.
  • Die Betreuungspflichten zwischen uns und den Vätern wurden 50:50 aufgeteilt. Nach unserer Karenz gingen jeweils unsere Männer 6 Monate in Karenz. Dann gingen die Kinder in den Kindergarten.
  • Für uns ist die Selbstständigkeit ideal um Beruf und Familie zu vereinbaren. Wenn die Kinder krank sind oder der Kindergarten zu hat, sind wir sehr flexibel. Gleiches gilt bei „Mein Kind weigert sich, die Gummistiefel anzuziehen. Komme heute um 11:00 ins Büro“.

Ich freue mich sehr über Fragen und Erfahrungen zu dem Thema.